EOS – Dawn of a new Platform

Oliver Hafenbauer und Pascal Mungioli, zwei Protagonisten der Frankfurter Clubkultur, starten eine neuen Plattform für elektronische Musik. Ihr Name ist EOS und war schon vor der Pandemie erdacht worden. Denn die Frankfurter Szene braucht neue Impulse.

Bild: Neven Allgeier
Text: Paul Kremershof

Eos ist in der griechischen Mythologie die Göttin der Morgenröte. Ihre römische Entsprechung kennen wir besser: Aurora. Eos fuhr kurz vor Morgendämmerung ihrem Sunny-Bruder Helios mit eigenem Wagen voraus und sorgte für jene Farbspiele, die sich bei elektronischer Musik besonders sublim anfühlen. In dieser Hinsicht ist der Titel einfach gut gewählt. Er evoziert Anbruch und Aufbruch. Feels like Hessen stellte ein paar Fragen an die EOS-Initiatoren Pascal und Oliver.

Wie kam es zu dem Gedanken, dass Clubkultur digital zu erfahren schon vor der Pandemie eine gute Idee sei?

Pascal und Oliver: Ja genau, wir hatten schon ziemlich lange die Idee ein Online-Radio zu gründen. Das saß fest in unseren Köpfen. Allerdings erfordert das auch viel Zeit, die wir vor der Pandemie nicht hatten. Es geht darum, DJs und Produzent:innen aus der Region eine Plattform mit globaler Reichweite zu geben, anstatt Clubkultur digital zu erleben. Das Radiohören hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Musik aus dem Internet gewinnt weiter an Bedeutung, unabhängig von der Pandemie. Deswegen wollten wir eine digitale Radioplattform gründen.

Ihr plant ein Web-Radio, ein Label, ein Netzwerk. Wo und wie kann Clubkultur innovativ werden (unabhängig der derzeitigen Lage)? Oder braucht es das überhaupt?

Pascal: Die meiste Innovation kann die Clubkultur durch das Aufbrechen von veralteten Strukturen erfahren. Und das muss ganz unabhängig von der Pandemie passieren. Priorität hat eine nachhaltige Veränderung zum Positiven, und da muss früh bei den strukturellen Problemen innerhalb der Clubkultur angesetzt werden.

Du kennst beide Szene recht gut: Du hast die Agentur Stay Service in Berlin gegründet und kamst 2018 nach Offenbach ins Robert Johnson. Wie unterscheiden sich die beiden Clubkulturen?

Pascal: 2012 veranstaltete ich die erste STAY im RJ und initiierte seitdem stetig mehr Projekte mit Oliver. Nach drei Jahren Studium in Berlin bin ich wieder nach Frankfurt gezogen, um weiter fest im RJ Team zu arbeiten. In Berlin zu leben hat sich insofern bemerkbar gemacht, dass ich inspiriert wurde, Ideen mitgebracht und Projekte bis dorthin ausgedehnt habe. Ich denke, die beiden Szenen unterscheiden sich durch die Menge der Clubgänger:innen, Clubs, Events, Agenturen und Initiativen. Berlin ist in Bezug auf das Nachtleben besser aufgestellt und hat eine stärkere Infrastruktur als Frankfurt am Main.

 
Pascal Mungioli arbeitet in verschiedenen Feldern elektronischer Clubkultur. Vor und nach seinem Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin (2016-2019) hat er verschiedene größere Veranstaltungs- und…

Pascal Mungioli arbeitet in verschiedenen Feldern elektronischer Clubkultur. Vor und nach seinem Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin (2016-2019) hat er verschiedene größere Veranstaltungs- und Kommunikationskonzepte betreut, war von 2012 bis 2016 Betriebsleiter des Zoom Clubs und gründete noch während des Studiums seine Booking-, Kommunikations- und Managementagentur Stay Service.

 

Gefühlt war es um die elektronische Musik in der Rhein-Main-Region mal besser bestellt. Was muss passieren, um verlorenen Grund hier wieder gut zu machen?

Oliver: In den letzten Jahren hat das Thema Musik in der Stadtentwicklung viel Aufmerksamkeit erfahren. Dafür gibt es einige Gründe: Musik schafft Arbeitsplätze und hat so einen hohen ökonomischen, aber auch sozialen und kulturellen Wert für die verschiedenen Städte. Im Zentrum eines belebten Musikökosystems steht eine vielfältige Szene mit Musiker:innen, DJs, Bookingagenturen, Musiklabels, Vertrieben, Clubs, Plattenläden und zahlreichen Veranstalter:innen. Jedoch haben das Clubsterben und weitere negative Entwicklungen zu einer sehr schwach ausgeprägten Musik-Infrastruktur in Frankfurt und der Rhein-Main-Region geführt. Jungen aber auch etablierten Akteur:innen fehlt es an wichtigen Strukturen. An diesem Punkt setzt die Idee von EOS an: DJs und Produzent:innen benötigen einen Raum für Experimente wie eine digitale Radioplattform, auf der sie sich entfalten und vernetzen können. Eine Plattform für Musik auch abseits der Tanzfläche.

Eine Einschätzung, wie wird die Postcorona-Clubkultur sein?

Pascal: Für mich gibt es zwei Szenarien. Erstens: alle machen weiter wie bisher. Zweitens: die Pandemie war ein Anstoß, dass sich Clubkultur wirklich verändert.

Feels like Hessen bedankt sich für das Gespräch!

 
Oliver Bauer, auch bekannt unter seinem Künstlernamen Oliver Hafenbauer, ist ein vielseitiger Musiker mit einer langjährigen Geschichte als eine der Schlüsselfiguren in der lokalen Clubszene Frankfurts und darüber hinaus. Oliver Bauers stetiges Enga…

Oliver Bauer, auch bekannt unter seinem Künstlernamen Oliver Hafenbauer, ist ein vielseitiger Musiker mit einer langjährigen Geschichte als eine der Schlüsselfiguren in der lokalen Clubszene Frankfurts und darüber hinaus. Oliver Bauers stetiges Engagement für Offenbachs hochangesehenen Club Robert Johnson hat ihm große Anerkennung eingebracht: Über ein Jahrzehnt fungierte er als Künstlerischer Leiter des Robert Johnsons und managte das gleichnamige Plattenlabel. Seit Januar 2020 hat er in Kooperation mit dem Kulturamt Offenbach die Off-Topic Konferenz für Pop- und Clubkultur, die im September 2020 online stattfinden wird, als Programmdirektor geplant.

 

Background

Mit EOS startet am 6. und 7. Februar die erste Frankfurter Plattform für zeitgenössische elektronische Musik. Ein Projekt, welches schon vor der Pandemie gedacht und nun mit der Notwendigkeit, die Clubkultur nur digital erfahren zu können, zügig umgesetzt wurde. Das Projekt wird von der Hessischen Kulturstiftung unterstützt. Für den Kick-Off von EOS zeigen wir DJ-Mixes und Live-Sets von international und lokal bekannten Künstler:innen wie Aurora Halal, Anna Hjalmarsson, Ben UFO, DJ Slyngshot, Francesco Del Garda, Lorica, Jasmine Infiniti, O-Wells, Skee Mask, Zoe McPherson und vielen mehr.