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Der will doch nur spielen

Wenn der Bildhauer Hendoc aus seinem Leben erzählt, lassen sich zwei rote Fäden erkennen. Der eine ist sein Verkaufssinn, der andere ist sein Wunsch nach einem einfachen Leben. Inmitten einer ehemaligen Kelten-Siedlung im Wald sägt und schnitzt er Skulpturen und baut Möbel.

Text: Sarah Kempf
Foto: Hendoc

Drei Quadratmeter maß Hendrik Dockens erste eigene Werkstatt. Der Raum war klein und er noch ein Kind: Mit 12 Jahren werkelte er im Keller seines Elternhauses. Während andere Jungen noch spielten, verdiente er sein erstes eigenes Geld mit Zinnfiguren und Zeichnungen auf dem Flohmarkt. Da ahnte er schon, dass er Bildhauer werden würde. „Das ist Berufung, kein Beruf“, sagt er. „Ich konnte nix dagegen machen. Wollte ich auch nicht.“

Die Begabung des Bildhauers kam wohl von der Mutter, die gerne Künstlerin geworden wäre, aber eine Bankerlehre machen musste. Der Vater, ein Regierungsbeamter, konnte kaum einen Nagel in die Wand schlagen. Nach der Schule machte Hendoc, wie er sich selbst nennt, eine Schreinerlehre. Später studierte er Design an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Das Studium finanzierte er sich mit dem Fällen von Bäumen. Darauf, Designer zu werden und Gegenstände zu entwerfen, die den nächsten Trend nicht überleben, hatte er dann doch keine Lust. „So einen Schnickschnack wollte ich nicht mehr machen. Dieses ständige Wegwerfen von IKEA-Möbeln, der Sondermüll, der überall auf der Straße steht, das widert mich an.“

Er will Dinge erschaffen, die ewig halten. Das braucht seine Zeit. An einem Tisch arbeitet er etwa drei Jahre lang. Das Haselnussholz, aus dem er einen Tisch für seine Familie baute, trocknete elf Jahre. Wer ein solches Möbelstück bei ihm kauft, muss tief in die Tasche greifen: Circa 10 000 Euro kostet ein Tisch. Aber im Taunus, wo er lebt und arbeitet, und in Frankfurt gibt es laut Hendoc die „Leute mit Stil und Portemonnaie, die den Künstler am Leben halten. In Castrop-Rauxel könnte ich nicht leben.“

Er selbst wohnt und arbeitet seit fast 20 Jahren fernab der Stadt. In einer früheren Gaststätte, der Heidetränke am Fuß des Feldbergs, hat er sich sein Atelier eingerichtet. In den ersten drei Jahren lebte er ohne Strom, fließendes Wasser und Telefonanschluss. Zum Haus gehört fast ein Hektar Wald, ein Areal, auf dem vor mehr als 2000 Jahren die Kelten eine große Siedlung errichteten. Dort kann Hendoc ungestört seine Kettensägen anwerfen, denn seine einzigen Nachbarn sind Wildschweine und Füchse.

Die Suche nach einem einfachen und harten Leben führte ihn schon Anfang der Neunziger Jahre nach Nordamerika, wo er eine Weile bei Natives lebte. „Ich wollte wissen: Wie ist das, wenn man ein Tier tötet, komplett zerlegt und alles davon verarbeitet?“, sagt er. Die Natives hätten ihm den Wunsch gewährt, eine Weile unter ihnen zu leben, denn im Grunde „war ich auch ein Indianer, bloß ein deutscher. Ich kann zum Beispiel auch Fährten lesen.“

Ein anderes Mal reiste er mit einem Freund nach Alaska und mietete eine Goldmine, um dort zu arbeiten. „Ich habe gesagt: Ich will mal richtig arbeiten, so, dass man abends umfällt und heult. Und wenn man Gold findet, dann ist Verliebtheit ein Scheißdreck dagegen.“ Gold ist außer Holz das einzige Material, das er für seine Skulpturen verwendet. Mittlerweile verwendet er meist gekauftes Blattgold. Bei Bäumen aber ist ihm wichtig, jeden Arbeitsschritt selbst zu machen. Er wählt den Baum aus, fällt und bearbeitet ihn. Sein Lieblingsholz ist das des Walnussbaums: „Das hat eine unheimlich schöne Maserung. Der Splint ist hell, der Kern dunkel, das ergibt einen tollen Kontrast.“

Das Gold braucht er zum Beispiel für seinen Bestseller, die Skulptur eines Adlers. Seit 21 Jahren stellt er ihn immer wieder neu her. Der Adler tauchte in seinem Leben immer wieder auf: Wenn er als Kind mit seinem Großvater Greifvögel beobachtete, auf der Rückseite der 100 DM-Scheine, die er zu Weihnachten bekam, und auf den Fahnen von Eintracht Frankfurt, deren Fan er ist. Ihm sei bei all seinen Arbeiten wichtig, dass sie ihm selbst gefallen – auch dann, wenn es Auftragsarbeiten seien, sagt er. „Im Grunde habe ich noch nie gearbeitet, ich habe immer nur gespielt.“

www.hendoc.de