Stadt, Land, Jazz – Musik-Café "Bebop" bringt die Provinz zum Swingen

Stadt, Land, Jazz – Musik-Café "Bebop" bringt die Provinz zum Swingen

Jazz ist nicht nur für die Stadt – unter diesem Motto hat vor einem Jahr das Jazz-Café im mittelhessischen Ewersbach eröffnet und so den Traum von Stefan Thielmann und Simon Birr wahr werden lassen. Im Interview mit "Feels like Hessen" erzählen sie, wie die Idee zur Eröffnung eines Jazz-Cafés entstand und welchen Herausforderungen sie sich stellen mussten. Simon gewährt außerdem Einblicke in seinen Weg vom Jugendpastor zum Café-Betreiber. Ein Jazz-Abenteuer mitten in Hessen!

Interview: Lucas Muth
Bilder: Bebop Ebersbach

 

Simon Birr und Stefan Thielmann haben sich ihren Traum vom eigenen Jazz-Café erfüllt.

 

Könnt ihr euch kurz vorstellen?

Stefan: Ich bin Stefan Thielmann, kaufmännischer Angestellter, lebe in der Nähe von Ewersbach und habe vor einem Jahr mit Simon das Bebop eröffnet. Es war schon immer mein Traum, ein eigenes Lokal zu führen.

Simon: Ich bin Simon Birr, selbständiger Pastor und Redner. Nach zwölf Jahren als Jugendpastor arbeite ich nun selbständig und habe mehr Zeit für das Bebop und die Kultur im Dorf.

 

Wie kam die Idee zur Eröffnung eines Jazz-Cafés zustande, und welche Rolle spielte dabei der Jazz?

Stefan: Beim Start haben wir überlegt, was unser Alleinstellungsmerkmal sein könnte, etwas Einzigartiges in der Gegend. Da bot sich der Jazz an, da er hier nicht weit verbreitet ist. In gewisser Weise leisten wir Pionierarbeit, den Jazz aufs Dorf zu bringen.

Simon: Das war von Anfang an für uns entscheidend. Es gibt hier generell wenig kulturelle Angebote. Früher hatten Dörfer mehrere Kneipen, Orte des Zusammentreffens. Es ging nicht nur ums Trinken, sondern auch darum, kulturelle Mittelpunkte zu haben. Einen solchen Ort wollten wir wieder ins Leben rufen, wo man sich nach Corona oder im Übergang von Corona trifft, sich begegnet, Freunde findet und gerne Zeit verbringt.

 

Ewersbach ist kein großes Dorf. Wie hat die Dorfgemeinschaft auf euren Plan reagiert?

Simon: Wir spüren, dass das ganze Dorf dahinter steht. Menschen aus verschiedenen Bereichen unterstützen uns, sei es aktiv oder einfach als Besucher, weil sie es großartig finden, dass endlich wieder etwas vor Ort passiert. Man muss sich vorstellen: Wenn man ausgehen möchte, braucht man normalerweise eine Fahrerin oder einen Fahrer für längere Strecken. Das ist nicht einfach zu organisieren. Jetzt kann man einfach zu Fuß in unser Café gehen und eine gute Zeit haben, das ist garantiert.

 
 

Simon, du hast lange als Jugendpastor gearbeitet und bist auch jetzt noch aktiv. Wie gestaltet sich dein Alltag zwischen dem Jazz-Café, der Gemeindearbeit und deiner „Influencertätigkeit“?

Simon: Ich empfinde das als eine gelungene Kombination. Viele haben selbst Lust, irgendwo hinzugehen und eine gute Zeit zu verbringen. Sowohl die Gemeindemitglieder als auch Leute aus dem Dorf sehnten sich nach etwas Neuem. Das gilt nicht nur für Ewersbach, sondern auch für die umliegenden Dörfer. Viele aus anderen Gemeinden kommen und sagen: „Wir möchten heute Abend einen schönen Abend im Bebop verbringen.“

 

Wie ist es mit den Live-Konzerten? Wen ladet ihr ein, und wie gestaltet ihr das Programm?

Simon: Von Anfang an war geplant, Live-Konzerte zu veranstalten, sowohl im Zusammenhang mit Jazz als auch mit „Nicht-Jazz“. Wir möchten möglichst viele ansprechen und für jeden etwas bieten. Wir haben uns bewusst entschieden, nicht jede Woche ein Konzert zu machen, um Überlastung zu vermeiden, sowohl für uns als auch für das Dorf und die Nachbarschaft. Es soll etwas Besonderes sein. Bisher haben wir nur eine Band für das Eröffnungskonzert 2022 angefragt, und seitdem wurden alle Anfragen an uns gerichtet. Wir haben über 20 Bands in der Pipeline, denen ich momentan nicht antworten kann, weil wir keine freien Termine haben.

 

Wie seid ihr beide zum Jazz gekommen?

Stefan: Bei mir begann das ziemlich schleichend. Mit Mitte 20 hörte ich hin und wieder Jazz, aber nicht intensiv. Ich war stets auf der Suche nach Neuem. Vor etwa 15 bis 20 Jahren habe ich dann wirklich Gefallen am Jazz gefunden.

Simon: Mein Weg war ebenfalls recht ungewöhnlich. Ich war schon immer jemand, der nicht dem Mainstream folgt. Radio hörte ich nicht im üblichen Stil, sondern bevorzugte alternative Sender in Hamburg. In meiner Jugendzeit entdeckte ich die aufstrebende Künstlerin Norah Jones, die damals einige Male gespielt wurde und mir sehr gefiel. Das weckte mein Interesse an einem breiteren musikalischen Spektrum. Mit dem Aufkommen von MP3s begann der Austausch mit Freunden, und ich entdeckte eine Fülle neuer Musik. Free Jazz jedoch lernte ich erst kennen, als ich Stefan traf.

 

Hat der Jazz auch in deiner Zeit als Jugendpastor eine Rolle gespielt?

Simon: Ja, auf jeden Fall. Zumindest zu den Zeiten, als ich die Kontrolle über die Spotify-Playlist hatte. Natürlich gab es auch Phasen, in denen ich sagte: "Macht bitte, was euch gefällt", um zielgruppenorientiert zu sein. Jazz zu spielen, war mir aber immer wichtig, denn im Jazz findet man eine gewisse Ruhe und Entspannung, die man bei anderer Musik nicht so leicht findet.

 

Jazz galt lange Zeit als „verstaubt“ und wenig „hip“. Mittlerweile tut sich aber wieder etwas, und das Genre wird auch von jüngeren Zielgruppen wiederentdeckt. Beobachtet ihr das auch?

Simon: Tatsächlich empfinde ich, dass Jugendliche das nicht als verstaubt betrachten. Es geht nicht mehr so sehr darum, ob es Jazz ist oder nicht, sondern ob es ihnen gefällt. Sie hören es im Hintergrund, beginnen es zu genießen. Das ist nicht nur bei uns so. Vor kurzem war ich in einem Jazz-Café in Antwerpen, wo nur junge Leute entspannten. Ich würde sagen, dass Jugendliche sehr interessiert daran sind. Natürlich richtet sich unser Konzept nicht direkt an unter 18-Jährige. Wir unterliegen dem Jugendschutzgesetz. Wir können nicht einfach sagen: "Komm her, setz dich aufs Sofa und hör Jazz." Das dürfen wir nicht. Aber wir bieten einen Raum für alle Altersgruppen, besonders für Eltern, die als Familie mit ihren Teenagerkindern kommen möchten.

 

Auf dem Dorf finden viele Aktivitäten transgenerational statt. Wie geht ihr in eurem Jazz-Café damit um?

Simon: Das war genau der Dreh- und Angelpunkt, den wir bewusst neu schaffen wollten, weil es das hier wirklich selten gibt. Außerhalb geschlossener Gruppen gibt es natürlich die Vereine, du kannst zur Feuerwehr gehen, es gibt einen Anglerverein, einen Sängerverein. Aber bei uns im Bebop geht es darum überhaupt nicht. Hier kann man einfach entspannen, Musik genießen und etwas trinken. Bei diesem normalen Miteinander treffen sich Menschen, und diesen Ort haben wir hier auf dem Dorf, denke ich zumindest, ganz neu geschaffen.

 

Das Team von “Bebop” hilft tatkräftig bei den Veranstaltungen mit.

 

Ihr habt jetzt ein Jahr Bebop gefeiert. Wie blickt ihr in das nächste Jahr?

Simon: Der Veranstaltungskalender ist schon fast vollständig gefüllt. Die Konzerte sind so gut wie ausgebucht. Ansonsten steuern wir mit großen Schritten auf die nächste Biergarten-Saison zu. Im Januar, Februar und März werden wir drinnen Programme haben, aber im Sommer glauben wir, dass es draußen noch schöner wird. Wir werden unseren Biergarten erweitern und draußen mit Livemusik starten. Das kann wieder ein neuer Treffpunkt sein, an dem alle zusammenkommen und einfach eine gute Zeit haben.

 

Frage an Simon: Du kommst ursprünglich aus Hamburg. Wie war der Wechsel nach Hessen für dich?

Simon: Ich bin inmitten von Hamburg, in der Großstadt, aufgewachsen und war 18 Jahre lang dort. Mit 18 ging ich erst einmal zum Zivildienst weg. Das waren zwei Jahre mit Orientierung, Zivildienst und ein wenig Jobben nebenbei. Dann kam ich 2005 nach Ewersbach und bin jetzt seit 18 Jahren hier. Hier bin ich gerne, und deshalb bleibe ich gerne hier. Wenn man ins Bebop kommt, merkt man vielleicht ab und zu einen kleinen hanseatischen Einschlag. Es gibt zum Beispiel den Hansen-Rum, Knut-Hansen Gin, und ein kleines Verkehrsschild vom Jungfernstieg hängt herum. Es gibt Jeverpils, manchmal sogar vom Fass. Man spürt ein wenig das Nordlicht.

 

Was erwartet Besucher:innen hier außer dem Bebop? Warum lohnt es sich, vorbeizukommen?

Simon: Direkt neben uns befindet sich das nationale Auto-Museum mit einer der größten Sammlungen Europas von speziellen Oldtimern. Ansonsten sind wir mitten in einer aufstrebenden Tourismusregion, da, wo andere Urlaub machen. Hier kann man wirklich großartige Wanderungen unternehmen, die Natur erleben, echten Schneefall erleben, sogar so stark, dass Bäume umstürzen. Wir sind wirklich ein Dorf, und das fasziniert viele von außerhalb. Es hat mich auch begeistert, als ich von Hamburg kam und hier geblieben bin. Einfach vorbeikommen, sich umschauen, vielleicht eine Ferienwohnung buchen und ein schönes Wochenende verbringen. Es könnte sich durchaus lohnen.

 

Alle Infos zum Bebop auf der Website.

 


Anstehende Konzerte:

23. Dezember 2023 – 20:00 Uhr:
Christmas Rock mit Live-Musik

29. Dezember 2023 – 17:00 Uhr:
HipHop Vinyl Abend

30. Dezember 2023 – 20:00 Uhr:
Jim Panse Live-Konzert

1. Januar 2024 – 19:00 Uhr:
Jugendgottesdienst im Bebop

13. Januar 2024 – 20:00 Uhr:
2 Zimmer Cujé Bad Live-Konzert

20. Januar 2024 – 20:00 Uhr:
BigYuyu Livekonzert

27. Januar 2024 – 20:00 Uhr:
VoodooVibes Live-Konzert