ISO 069: Alex&Tony

Wenn alex&tony an den Decks übernehmen, setzt ein Flow ein, der sofort ansteckt.
Aus einer Freundschaft, die bis in den Kindergarten reicht, ist ein Duo entstanden, das heute zu den spannendsten Newcomer-Acts der Rhein-Main-Szene zählt.
Ihr Sound: hypnotisch, genreübergreifend, immer im Dialog mit der Crowd. Ihre Energie: so echt, dass sie selbst die kleinsten Floors zum Beben bringen. Im Interview erzählen sie, wie aus Clubnächten eine gemeinsame Leidenschaft wurde, warum Closing-Sets für sie pure Gänsehaut sind – und weshalb Community und Diversität für die Clubkultur der Zukunft unverzichtbar sind.
Fotos: Wilhelm Rinke @wilhelm.obj
Redaktion: Clara Glaus und Joscha Wilhelm
Wie würdet ihr euren musikalischen Stil selbst beschreiben? Und wie verändert er sich vielleicht gerade?
Unser Sound bewegt sich zwischen minimalistisch, groovy und hypnotisch – Minimal und Deep House, Breakbeats, Tech House. Anfangs waren wir stärker auf der Tech-House-Schiene unterwegs, mit mehr Vocals und eher vielen Bangern. Mit der Zeit haben wir gelernt, was es heißt, eine Stimmung zu kreieren, Spannung zu halten und in Austausch mit der Crowd zu treten.
Wir lassen uns ständig von außen inspirieren – durch neue oder alte Releases, andere DJs oder Nächte im Club. Natürlich entwickelt und verändert sich der eigene Sound auch mit der Zeit. Musikalische Vielfalt und Offenheit für genrefluide Sounds sind für uns zentral.
Wie habt ihr euch gefunden? Und was hat den Impuls gegeben, gemeinsam Musik zu machen?
Wir kennen uns tatsächlich schon seit Kindergartenzeiten, haben uns dann aber lange aus den Augen verloren. Richtig connected haben wir uns erst wieder im 60/40 bei unserem gemeinsamen Gastro-Job. Unsere Freundschaft ist dort gewachsen – und irgendwann auch die Leidenschaft fürs Auflegen.
Wir waren zusammen in der Rhein-Main-Clubszene unterwegs und 2022 kam der Punkt, an dem wir dachten: Warum nicht mal selbst vom Floor hinter die Decks? Im Freundeskreis gab es auch schon einige DJs, die uns inspiriert haben. Als wir gemerkt haben, dass es soundtechnisch voll matcht, lief’s von allein: Erste Gigs im Rhein-Main-Gebiet und ein eigenes Mischpult. Am Ende war es die gleiche Liebe zu elektronischer Musik, zum Feeling, zu den Leuten und zur Connection in der Szene.
Was bringt jede von euch ins Duo ein – und was entsteht nur, wenn ihr zusammen an den Decks steht?
Wir inspirieren uns gegenseitig – soundtechnisch, aber auch durch unsere Energie. Eine haut einen neuen Track raus, die andere dreht die Stimmung in eine andere Richtung, der Vibe matcht – und plötzlich entsteht eine Atmosphäre, die allein so nicht möglich wäre.
Das Geile ist: Wir geben uns ständig Impulse, inspirieren und challengen uns. Wenn beim Spielen eine krasse Energy zwischen uns entsteht – weil wir zum Beispiel die Track-Selection der anderen abfeiern – spürt die Crowd das sofort. Diese Energie sorgt wiederum für noch mehr Connection.
“Club Culture funktioniert nur, wenn auf der Tanzfläche etwas passiert.
Diese Momente, wenn Sound und Crowd eins werden – das ist das,
was am Ende bleibt.”
Gibt’s einen Moment auf der Tanzfläche, den ihr nie vergessen werdet? Ein Set, eine Crowd, einen Track?
Besonders hängen bleiben für uns die Closing-Sets: Dieses Gefühl, noch einmal die letzte Energie aus den Leuten rauszuholen, wenn alle nochmal richtig aufdrehen. Auch das Connecten mit den Menschen danach hat etwas Besonderes. Oft sind es gerade die kleineren Floors, wo man direkt mit der Crowd verbunden ist.
Open Airs sind ebenfalls Highlights – gerade das Closing beim KIS Open Air war ein magischer Moment, den wir nie vergessen werden.
Ihr seid Teil des „Keep It Simple“-Kollektivs und Residents bei „Tanz in Frankfurt“ – wie wichtig ist euch Kollektivarbeit, Rückhalt und Community in der Szene?
Ohne die beiden Kollektive wären wir nicht da, wo wir heute stehen. „Keep It Simple“ hat uns unser Debüt ermöglicht und uns inspiriert, und über „Tanz in Frankfurt“ haben wir die Chance bekommen, in renommierten Clubs zu spielen und sogar erste internationale Gigs mitzunehmen. Für diesen Rückhalt sind wir extrem dankbar – und wir versuchen, den Support zurückzugeben, wo nur möglich.
Am Ende lebt die Szene genau von diesem Austausch: DJs, Produzent:innen, Tänzer:innen. Club Culture funktioniert nur, wenn auf der Tanzfläche etwas passiert. Diese Momente, wenn Sound und Crowd eins werden – das ist das, was am Ende bleibt.
Zwei FLINTA*-Personen hinter den Decks – wie fühlt sich das an in einer Szene, die nach wie vor mehrheitlich männlich gebucht wird? Wie erlebt ihr das Booking, den Club, die Wahrnehmung – und was wünscht ihr euch für die Szene von morgen? (FLINTA* = Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender Personen)
Am Anfang hatten wir schon das Gefühl, dass wir teilweise gebucht wurden, weil wir Frauen sind – nicht wegen unseres Sounds. Wir haben das hingenommen, weil wir jede Möglichkeit nutzen wollten, um zu wachsen und Erfahrungen zu sammeln. Mittlerweile hat sich das verändert: Wir nehmen nur noch Gigs an, die wir wirklich spielen wollen, und schauen, ob wir wegen unseres Sounds gebucht werden – oder um eine Diversitätsquote zu erfüllen. Dieses Gefühl ist heute viel weniger präsent. Außerdem merken wir: Der Vibe im Club ist einfach nicer, wenn auch das Publikum divers ist. Als Frau fühlt man sich automatisch wohler, die Stimmung wird entspannter und offener. Und genau das trägt auch zum Gesamtgefühl einer Clubnacht bei.
Für die Zukunft wünschen wir uns eine Szene, in der Diversität selbstverständlich ist und Awareness-Konzepte so umgesetzt werden, dass Clubs und Events sichere Räume bleiben, in denen sich alle wohlfühlen können.
Wichtige Message noch: Auch wir sind manchmal nervös oder unsicher. Das gehört für uns zu echter Authentizität. Wenn wir nicht ständig in die Crowd schauen oder lächeln, heißt das nicht, dass wir den Moment nicht fühlen – sondern dass wir einfach konzentriert und fokussiert sind.
“Für die Zukunft wünschen wir uns eine Szene, in der Diversität selbstverständlich ist und Awareness-Konzepte so umgesetzt werden, dass Clubs und Events sichere Räume bleiben, in denen sich alle wohlfühlen können.”
Welche Bedeutung hat Hessen für euch künstlerisch? Gibt’s Vibes, die man hier spürt und anderswo vermisst?
Im Rhein-Main-Gebiet ist alles sehr persönlich. Man kennt sich, man supportet sich. Die Szene ist stark vernetzt – das fühlt sich nach Community an.
Welche sind eure liebsten Orte, Events oder Radioformate für gute Musik in Frankfurt und Umgebung?
Auf jeden Fall das Tokonoma in Frankfurt und das Bürro in Mainz. Und natürlich die Open Airs von Keep It Simple. In Darmstadt die Galerie Kurzweil und das Dorett in Mainz. Abseits von elektronischer Musik auf jeden Fall das Jazzmontez in Frankfurt – ein Ort, der zeigt, wie vielfältig die Musikszene hier ist. Der Schlachthof in Wiesbaden hat für uns einen besonderen Wert. Dort sind wir seit einigen Jahren beruflich eingebunden und haben gleichzeitig künstlerisch Erfahrungen gesammelt. Außerdem ist das Kulturzentrum Schlachthof ein wichtiger Ort für Jugend und Subkultur in der Region.
Was kommt als Nächstes bei euch? Gibt’s neue Projekte, musikalische Visionen oder einfach ein Set, auf das ihr euch besonders freut?
Gerade wollen wir wieder mehr Energie in die Repräsentation unseres Sounds stecken – zum Beispiel mit neuen Mixtapes auf SoundCloud und vielleicht auch weiteren Formaten, die uns zeigen.
Ein großes Highlight wird auf jeden Fall die Eröffnung des neuen Tokonoma in Frankfurt. Dass „Tanz in Frankfurt“ da Teil von ist, macht’s für uns noch besonderer. Wir glauben, der Club wird eine wichtige Rolle für die Szene im Rhein-Main-Gebiet spielen – und wir freuen uns mega, von Anfang an dabei zu sein.
Listen: Soundcloud
Follow: @alexundtony
