Zwischen Rap Hooks und Jazz Clubs

Zwischen Rap Hooks und Jazz Clubs

Die Bühne ist für Helena Fin der Ort, an dem ihre Musik zum Leben erwacht. Die gebürtige Frankfurterin sammelte bereits früh musikalische Erfahrungen in Chören, im Theater und in verschiedenen Jazz- und Big Bands. Ende 2019 stieg sie mit dem Song "In meinem Kopf" als Feature von Face in die Rap-Szene ein und ist seither in Frankfurt sowohl durch Features als auch durch ihre eigene Musik aktiv. Im Interview erzählt sie uns, welche Einflüsse ihre Musik prägen, warum Live-Auftritte für sie das Coolste an der Musik sind und wie sie die Musikszene in Frankfurt beurteilt. 

Interview: Noelle Schaub und Björk Kanja
Bilder: Noelle Schaub

 
 

Wie kamst du zur Musik und was hat dich dazu inspiriert, Musikerin zu werden?

Ich habe eigentlich schon immer gesungen. Als kleines Kind mit meiner Familie und auch in verschiedenen Chören. Dann war ich lange am Theater, auch in Frankfurt, im Papageno.
Zur eigenen Musik kam ich mehr und mehr über Corona, weil ich da wirklich mal Zeit hatte, alle Ideen, die ich über die Jahre schon gesammelt hatte, in meinen Sprachmemos und Gedichten, die ich geschrieben hatte, durchzugehen und zu denken, wie ich das zu einem fertigen Song machen kann.

Vorher war es schwierig, weil ich keine Instrumentalistin bin. Wie kann man das dann musikalisch umsetzen? Und dann kam diese tolle Möglichkeit, mit Produzenten zu arbeiten, auch über „Freunde von Niemand“, die mir diese Welt eröffnet haben. So konnte ich meine Musik schreiben und mit einem Produzenten zusammen etwas daraus machen. So kam es dann dazu, dass ich meine eigene Musik umsetzen konnte.

Welche Einflüsse prägen deine Musik?

Meine Texte sind eigentlich alles von Erinnerungen, Geschichten, ob es jetzt meine sind oder irgendwelche Antworten, die ich mal gerne von jemandem gehabt hätte, oder Fragen, die ich nie beantwortet bekommen habe. Das alles findet bei mir in der Musik statt. Auch zum Beispiel, wenn man das Gefühl hatte, dass man gewisse Sachen nie sagen konnte. Ich habe das Gefühl, in meiner Musik kann ich sie dann schließlich doch noch loswerden, ohne sie direkt an jemanden zu adressieren. Und ansonsten liebe ich es Sachen zu beschreiben und Bilder zu malen. Zum Beispiel in meinem Song Stadtpark. Da beschreibe ich auch einfach sehr viel, was in so einem Stadtpark gerade abgeht. Deshalb ist das alles eine Fusion von lyrischer Bildmalerei und meinen Erfahrungen.

Kannst du uns mehr über deine Zusammenarbeit mit Künstlern wie Bosca und FACE erzählen? Wie bist du in die Szene eingestiegen und wie kam es zu diesen Features?

Ich bin tatsächlich über Jazz zum Rap gekommen. Ich singe in einer Jazzband und in einer Bigband. Bei einem Big Band-Konzert hat mich „Face“ gespottet und hat meinem Big Band-Leader geschrieben. Er braucht noch eine Sängerin für eine Hook und ob er unseren Kontakt herstellen kann. Und dann dachte ich, warum nicht?

Dann sind wir ins Studio gegangen und hatten Dezember 2019, kurz vor Corona, zwei Sessions. In der einen Session ist „In meinem Kopf“ entstanden, das war auch recht erfolgreich. Dann hatten wir das Release Konzert von Face bei dem Bosca auch dabei war. Er hat mich danach dann direkt gefragt, ob wir irgendwann auch mal zusammen an einem gemeinsamen Song arbeiten wollen.

Und dann ist es nach einer Weile dazu gekommen, dass wir auch mal eine Session gemacht haben, dabei ist das neue Lied „Bleib Bitte Wach“ entstanden.

Vorher hatte ich nicht viel mit der Rap-Szene zu tun, aber diese Erfahrungen haben mir eine ganz neue Welt eröffnet. Ich wusste selbst gar nicht genau, in welche Richtung meine eigene Musik gehen könnte. Und das war so der Aha-Moment, da reinzurutschen und zu sehen: Diese Beats, die Attitude – das ist so Musik, die einem Kraft gibt.

Wie würdest du dein Genre beschreiben?

Mir wurde mal gesagt, dass es urban Pop ist. Es ist schon eher Pop als Rap, aber es hat auch Rap Elemente in manchen Textpassagen. Ich tendiere immer dazu, sehr viel Silben in wenig Platz zu quetschen, weil ich das irgendwie lustig finde. Es hat Hip Hop Einflüsse, Beats technisch, aber auch sphärische Sachen, Lo Fi Elemente, bisschen was Jazziges.

 
Ich finde live zu spielen von allem, was mit der eigenen Musik zu tun hat, am coolsten.
— Helena Fin
 

Kannst du nochmal was über die Jazz Bands erzählen?

Ich bin in Frankfurt in einer Jazzband namens "Die Schwindler". Wir spielen Jazz- & Swing-Klassiker, oft auf Events. Selten auch mal öffentlich. Entweder mit Saxofon, Stimme und Gitarre oder noch mit Drums und Bass dazu. Das ist auch die Musik, mit der ich aufgewachsen bin. 

Die zweite Band ist die "Marvin Dorfler Bigband" aus Friedberg. Ich bin dort seit 2016. Ich wurde gefragt, ob ich mitmachen möchte, weil eine Sängerin spontan abgesprungen war. Das ist ein krasses Gefühl für eine junge Sängerin, die noch nicht so in der Szene etabliert ist. Mit der Big Band im Rücken zu spielen ist einfach ein krasses Gefühl. Ich bin sehr dankbar, dass ich das erleben darf.

Wie empfindest du das Live-Auftreten? An welchen Orten in Hessen bist du bereits aufgetreten?

Ich finde live zu spielen von allem, was mit der eigenen Musik zu tun hat, am coolsten. Das ist für mich der Moment, wo ich drauf hinarbeite, wenn ich lange im Studio sitze und daran rum tüftele und dann ist es endlich fertig. Dann hast du die Release-Phase und dann ist es soweit und du darfst das live interpretieren und guckst, ob dieser Song überhaupt funktioniert.

Das ist immer ein Test für einen Song. Wenn er live gut zu spielen ist, dann ist es ein guter Song. 

Superspannend war auf dem Release Konzert von Face „In meinem Kopf“ in der Batschkapp zu singen. Es war nur ein Song, den ich da performen musste, aber wir haben ihn dreimal gespielt und es war verrückt, weil die Leute genau das mitgesungen haben, was ich singe. Das ist schon ein krasses Gefühl, wenn die Leute deine Texte kennen.

Ein ähnlicher Moment war bei einem Konzert von Bosca im Wiesbadener Kesselhaus. Mein eigener Song "Straßenlaternenlicht" war erst einen Tag draußen, aber ein paar Leute haben ihn schon mitgesungen.

Und dann war da noch ein kleines Konzert in Karlsruhe, das mir sehr am Herzen lag. Dort habe ich mit einer Band all meine Songs gespielt, sowie noch ein paar andere coole Songs, die dazu gepasst haben. Das war total anders, weil die Band interpretiert meine Songs auf ihre eigene Art und Weise, wie man es selbst noch nie so gehört hat. Das war auch sehr emotional.

 
 

Hast du einen Lieblingssong von dir selbst und wenn ja, warum ist gerade dieser dein Favorit?

Ich glaube, dass es „Stadtpark“ ist, weil da am meisten Arbeit drinsteckt. Den habe ich allein geschrieben und die Inspiration war ein sehr persönlicher Moment. Alles, was ich in dem Song beschreibe, ist auch so passiert.  Und ich habe auch selbst ein Musikvideo dazu gedreht mit zwei befreundeten Tänzern, die dazu eine Choreografie gemacht haben. Ich habe mir das ganze Konzept dahinter überlegt, Regie geführt, Fotos gemacht, habe es selber geschnitten und gegradet und alles.

Es ist so ein rundum Helena-Projekt, das ich so von Anfang bis Ende rund gemacht habe. Deshalb ist es mein Lieblingssong.

Wie beurteilst du die Musikszene in Frankfurt?

Ich finde der ganze Vibe in Frankfurt ist einfach anders. Diese ganze Rap-Szene ist schon historisch mit Haftbefehl oder auch Vega. Das ist episch, wie hier alle zusammenhalten und die ganze Attitude. Die Artists, die sind einfach Frankfurt.
Und ich glaube hier geht eigentlich recht viel, was Jam Sessions oder Events angeht. Ich habe Freunde, die sind jeden Tag gefühlt woanders.
Das gibt es in Wiesbaden leider nicht, aber ich finde es auch gut, dass so Leute wie Vega auch hier in Frankfurt bleiben. Weil doch so viel, was mit Kunst und Musik zu tun hat, nach Berlin abgewandert ist. Es würde mich freuen, wenn wieder mehr nach Frankfurt kommt – zum Beispiel Labels. 

Welche Orte in der Region besuchst du gerne, wenn du hier unterwegs bist?

Ich habe eine Parkbank in Wiesbaden, das ist mein Lieblingsort ;)

Ansonsten mag ich Frankfurt allgemein sehr. Ich liebe es einfach, durch Städte zu laufen und Viertel zu entdecken, wo ich vorher nicht war. Und ich finde gerade Frankfurt bietet ja immer wieder irgendwas, wo du denkst, okay, hier war ich noch nicht, hier ist wieder ganz anders.

Ich mag es zum Beispiel die Bockenheimer Landstraße hochzulaufen, von der Oper aus. Gerade im Herbst. Und Wiesbaden ist auch wunderschön. Die Häuser und auch mein Viertel, da gibt es sehr schöne Stellen.
Und den Feldberg. Da habe ich auch schöne Erinnerungen. An irgendeinem Geburtstag sind wir abends hochgefahren und dann hat es in der Ferne krass gewittert. Es war so ein warmer Sommerabend, in der Ferne hat es einfach so geblitzt und das war sehr besonders. Feldberg ist auch zu Hause.

Welche Musikrichtungen hörst du persönlich am liebsten?

Ich höre sehr viel Verschiedenes. Ich mag so vibige Geschichten sehr gerne. Ich höre auch Jazz tatsächlich gerne, so die Klassiker. Und im Rap speziell mag ich z.B. Sachen wie „Gold Roger“ auch ganz gerne, weil es lyrisch anspruchsvoller ist. Mozart ist auch manchmal dabei.

Gibt es aktuelle oder kommende Projekte, von denen du uns erzählen kannst?

Live bin ich am 29. September wieder in Karlsruhe mit dieser Band (von dem kleinen Konzert) und spielen wieder meine eigenen Songs mit noch einer anderen Künstlerin zusammen. Wir machen jeweils zusammen immer zwei Sets mit unserer eigenen Musik.

Ansonsten passiert gerade sehr viel im Hintergrund. Einige Sachen sind fertig, einige Sachen werden wir noch machen und dann gucken wir mal, wann vielleicht eine EP rauskommt.


Nächstes Konzert von Helena Fin:

  • Freitag, 29.09. im Jubez in Karlsruhe mit Live-Band

In Helenas Musik könnt ihr hier über Spotify oder You Tube reinhören.

Instagram: https://www.instagram.com/x3helena/