Ich bin hungrig, lebendig und nicht verrückt

 Ich bin hungrig, lebendig und nicht verrückt

Milla Jovovich hatte als junge Frau offenbar keine Angst vor dem Altern. Im Gegenteil. Als der Regisseur Hermann Vaske die Schauspielerin einmal vor laufender Kamera fragte, warum sie kreativ sei, lachte Jovovich laut und sagte: „Because I’m hungry! Right now in my life – that’s why I’m so hungry, that’s why I wanna create things –, I wanna learn things and learn them really well. By the time of 40 I’ll be really talented.“

Text: Sarah Kempf
Foto: Hermann Vaske

Jovovich ist eine von mehr als 1000 Menschen, die Hermann Vaske gefragt hat: „Why are we creative?“ Der Regisseur studierte an der Universität der Künste Berlin und am American Film Institute in Los Angeles, bevor er als Kreativdirektor bei der Werbeagentur Saatchi & Saatchi in London arbeitete. Später gründete er in Frankfurt die Produktionsfirma Hermann Vaske's Emotional Network, mit der er Werbekampagnen und Filme verwirklichte. Seine Arbeit wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Grimme-Preis und zahlreichen Kreativpreisen wie den Cannes Lions. Seit dreißig Jahren reist Vaske durch die Welt und stellt kreativen Köpfen immer wieder ein und dieselbe Frage. Unter seinen Gesprächspartnern sind berühmte Künstler, Wissenschaftler, Politiker und Sportler. Tilda Swinton antwortete ihm: „Because I am alive.“ Mel Gibson, Kaugummi kauend und das Gesicht erst zu einer ratlosen Grimasse verziehend, sagte: „I don’t know, it keeps me from going insane.“

Bei seinem Lebensprojekt treibt Vaske die Neugier. „Es hat sich im Laufe der Zeit zu einer gewissen Besessenheit entwickelt“, sagt er. „Die Frage zieht sich wie ein roter Faden durch alles, was ich getan habe: Warum machen wir das eigentlich, was wir machen?“

Die Antworten verarbeitete er auf verschiedene Weise. 1999 erschien ein Buch, in diesem Jahr kuratierte Vaske eine Ausstellung. Nun erscheint zum dreißigjährigen Jubiläum des Projekts ein Dokumentarfilm. Darin kommen einige der bekanntesten kreativen Köpfe des 20. und 21. Jahrhunderts zu Wort: David Lynch, Björk, Marina Abramović, Vivienne Westwood, Isabella Rossellini, Willem Dafoe, Nelson Mandela, Stephen Hawking, der Dalai Lama und David Bowie.

Sein Projekt sei auch ein Credo für Kreativität, sagt Vaske. Denn man sei gezwungen, über seine eigene Kreativität nachzudenken, wenn man den Antworten der anderen zuhöre. Und was ist der Unterschied zwischen Kreativen und Nicht-Kreativen? Vaske meint: „Dass die kreativen Menschen es einfach machen, während die nicht-kreativen Menschen darüber reden, darüber nachdenken, aber es nicht umsetzen.“

„Why are we creative?“ kommt am 4. Oktober in die Kinos. Premiere feiert der Film in Frankfurt am 29. September um 20.15 Uhr im Deutschen Filminstitut. Zu Gast sind Hermann Vaske und der Musiker Blixa Bargeld.

Why are we creative?

Deutschland 2018, 82 Min.
Regie: Hermann Vaske
FSK: ohne Altersbeschränkung

whyarewecreative-film.de