Mit Gamification gegen den Klimawandel: "My dear Emma" erhält Förderung

Mit Gamification gegen den Klimawandel: "My dear Emma" erhält Förderung

Über die Natur, unser Ökosystem und die es bedrohenden Gefahren aufzuklären, ohne langweilige Statistiken, die immer gleichen Bilder und moralische Appelle zu benutzen, ist eine Herausforderung. Gamification kann hier der Schlüssel sein, um Kinder und Jugendliche naturwissenschaftlich zu bilden. "My Dear Emma" erzählt die Geschichte der Biologin Emma, die nach dem Verlust ihres Großvaters dessen Vergangenheit und die Natur um dessen Haus erkundet. Das Spiel des Frankfurter Studios Soulven Games informiert über Nachhaltigkeit und die globalen Herausforderungen zum Schutz des Ökosystems, weswegen es im Jahr 2023 im Rahmen des Zuschussprogramms „HESSEN serious GAME“ mit knapp 50.000 € Förderung ausgezeichnet wurde. Mit dem Entwickler und Geschäftsführer von Soulven Games, Eyüp Zengin, haben wir über das Spiel und seine Story gesprochen sowie über die Herausforderungen, die auf dem Weg gemeistert werden mussten.

Interview: Lucas Muth
Bilder von Eyüp Zengin: Noelle Schaub
Stills aus dem Spiel: Soulven Games

Eyüp Zengin, gelernter Informatiker, gründete nach dem Studium die blackHound GbR und spezialisierte sich im Bereich Projektmanagement. Neben der Leitung interner Games-Projekte für sein Studio arbeitete er auch für Großunternehmen zur Projektquerfinanzierung.

 
 

Wie kam es zur Gründung von Soulven Games?

Soulven ist aus meiner ersten Firma heraus entstanden, der blackHound GbR, die ich 2016 mit meinem damaligen Co-Geschäftsführer gründete. Wir erweiterten stetig unser Portfolio, boten Spiele- und Agenturdienstleistungen, entwickelten eigene Spiele und agierten für größere Unternehmen im Webbereich. Soulven entstand, als wir beschlossen, den Agenturbereich weiterzuverfolgen und die Spiele auszulagern. Mit einigen Jahren Erfahrung und einigen veröffentlichten Spielen, darunter "Persevera," das 2020 von der Bundesförderung unterstützt wurde und inzwischen auf Steam als Demo erhältlich ist, arbeiten wir aktuell an "My dear Emma".
 

Worum geht es in dem Spiel?

In "My dear Emma" schlüpft man in die Rolle einer Biologin, die viel in der Welt unterwegs ist. Auf Expedition erhält sie die Nachricht, dass ihr Großvater gestorben ist. Ein Brief von ihm liegt der Nachricht bei, ebenso ein Schlüssel zum Haus des Opas sowie dessen Notizen. Der Hintergrund: Der Großvater suchte lange den Kontakt zu Emma, der aufgrund ihrer internationalen Tätigkeit abgebrochen war. In ihrer Kindheit war Emmas Opa für sie eine wichtige Bezugsperson und da er selbst auch Wissenschaftler war, verbindet die beiden auch ein gemeinsames Interesse. Im Spiel erfährt Emma mehr über die Forschungen ihres Opas und arbeitet gleichzeitig auch ihre eigene Kindheit auf, während sie die Umgebung des Hauses ihres Großvaters erkundet. Das Erlebnis basiert auf Recherchen zu Ökologie und Klimawandel, ohne wertend sein zu wollen. Fundierte wissenschaftliche Berichte dienen als Basis, während die Spielerinnen und Spieler ihre eigenen Perspektiven entwickeln können.

 
 

“Wir setzen auf die Faszinationskraft der Natur, auf Fotorealismus und die Lust am Erkunden und Beobachten.”

Eyüp Zengin, Geschäftführer und Entwickler von “My dear Emma”

 
 

Themen wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Ökologie, Artenvielfalt spielen eine große Rolle bei “My dear Emma” und ihr habt durchaus einen didaktischen Ansatz als Serious Game. Weshalb habt ihr ein Spiel gerade zu diesen Themen entwickelt?

Der Antrieb war, dass es sich wie ein echtes Spiel anfühlen sollte. Wir wollten ein Narrativ haben und die Geschichte von Emma, die erkundet, wie unser Ökosystem aufgebaut ist und welche Gefahren es bedrohen, bot sich für dieses Szenario geradezu an. Unser Ziel war nicht, ein Lernspiel zu entwickeln, sondern ein unterhaltsames Spiel, bei dem man gleichzeitig etwas lernt. Die Geschichte ist der Kern des Spiels und nicht nur ein "Mittel zum Zweck". Das heißt, wir versuchen, die Vermittlung passiv im Hauptnarrativ zu integrieren und die Informationen dann z.B. durch Emma, die ja selbst Biologin ist, aussprechen zu lassen.

Obwohl es ein Serious Game ist, habt ihr also einen unterhaltenden Anspruch. Ihr arbeitet auch stark mit dem Immersionseffekt. Man möchte eintauchen in die Welt des Spiels und mehr herausfinden. Wie habt ihr diesen Unterhaltungsfaktor eingebaut?

Wir setzen auf die Faszinationskraft der Natur, auf Fotorealismus und die Lust am Erkunden und Beobachten. Die Begeisterung der Menschen für spannende Perspektiven, schöne Landschaften und die Entspannung beim einfachen Beobachten der Natur stehen im Fokus unserer Ausrichtung. Realismus ist dabei von zentraler Bedeutung. Wir integrieren Details wie z.B. zwei Vögel, die beim Vorbeigehen plötzlich davonfliegen, oder Rehe, die auf der Weide stehen und fressen. Diese Szenen sollen dem Spieler das Gefühl vermitteln, wirklich vor Ort zu sein.

 

Wo spielt das Spiel denn genau? Gibt es einen konkreten Ort?

Ja, tatsächlich. Aber ich kann dazu leider noch nichts sagen, da es sein könnte, dass dieser Ort sich noch etwas verändert. Deshalb möchte ich an dieser Stelle lieber noch nichts dazu sagen. Der Ort befindet sich jedoch in Europa, wird den europäischen Spielerinnen und Spielern also von der Vegetation und der Architektur vertraut sein.

 

Zum Thema Fotorealismus: Wie habt ihr die Erfordernisse der Vermittlung nach möglichst hoher Detailtreue mit dem Machbaren im digitalen Raum verbunden? Wie habt ihr den “Look” des Spiels erzeugt?

Das war schon herausfordernd. Zu Beginn mussten wir viel experimentieren und testen. Wir haben zunächst die Unreal Engine verwendet, da wir wussten, dass es dort Zugang zu zahlreichen bereits fotorealistisch gescannten 3D-Objekten gibt. Diese haben wir aktiv genutzt und integriert. Natürlich reichte das nicht für alles aus, also haben wir auch eigene Objekte erstellt und versucht, mit diesen den gleichen Effekt zu erzielen. Selbst erstellte Objekte, die nicht 3D-gescannt sind, haben wir in den Hintergrund gerückt oder mit Beleuchtung und Schatteneffekten so dargestellt, dass sie realistisch wirken und ins Gesamtbild passen. Dieses Gesamtbild harmoniert dann mit der Beobachtung und Feststellung von Emma. Sie gibt einfach wieder, was sie sieht, und vermittelt so die Informationen. Es gibt auch Quests wie etwa das Sammeln von Müll in einem Wald oder an einem Strand, die die Spieler erfüllen müssen, um voranzukommen. So lernen die Kinder, dass Müll gesammelt werden muss und nicht einfach verschwindet, wenn er einmal am Strand liegt. Außerdem sehen sie auch den direkten Vergleich, wie jene Orte ohne Müll aussehen.

 

Bei “My dear Emma” erkundet man spielerisch das Ökosystem der Erde.

 

Ist es geplant, für das fertige Spiel mit Expertinnen und Experten zusammenzuarbeiten, sowohl, was die naturwissenschaftlichen Aspekte angeht, als auch die didaktische/pädagogische Seite?

Für tiefgehende naturwissenschaftliche Fragen ist eine Zusammenarbeit mit entsprechenden Experten unerlässlich und gewünscht. Gleiches gilt für die Pädagogik. Zahlreiche Institute sind auf Vermittlungsfragen spezialisiert, die wir für solche Anliegen konsultieren können.

 

Gibt es eine Inspiration für das Spiel?

Unser Referenzspiel ist “What remains of Edith Finch”. Sein erzählerischer Ansatz hat uns derart überzeugt, dass wir beschlossen haben, dieses Konzept für unser Serious Game zu adaptieren.

 

Wie hat euch die Serious Games Förderung geholfen, für was habt ihr sie eingesetzt?

Zu Beginn wäre es wichtig zu verstehen, dass es sich bei der Serious Games Förderung um eine Konzeptförderung handelt, weswegen es sich bei unserem Projekt um einen Prototypen handelt und kein fertiges Spiel, das anschließend veröffentlicht werden könnte. Zu Beginn wäre es wichtig zu verstehen, dass die Serious Games Förderung eine Konzeptförderung darstellt, unser Projekt ist also ein Prototyp und (noch) kein fertiges Spiel. Des Weiteren war die Gewinnung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für uns sehr wichtig. Im Zuge dessen konnten zwei Mitarbeiter direkt nach ihrem Studium zu uns stoßen, nachdem sie zuvor ein Praktikum bei uns absolviert hatten. Die Förderung deckt 60% der projektspezifischen Kosten, die verbleibenden 40% sowie die laufenden Firmenkosten tragen wir als Unternehmen selbst.

 

Du kommst aus Frankfurt. Worin besteht für dich der Reiz, hier zu arbeiten?

Frankfurt ist für mich die coolste Stadt. Hier zu wohnen, liebe ich. Zudem liegt Frankfurt sehr praktisch. Über den Hauptbahnhof kann man schnell reisen und Köln, eine bedeutende Stadt für die Gamesbranche, ist gleich um die Ecke. Ich kenne viele Leute, die täglich zur Gamescom fahren, vier Tage lang, ohne zu übernachten, weil sie jeden Tag den ICE nutzen können. Frankfurt ist ein großartiger Standort für Games und ich habe Vertrauen, dass es in Zukunft noch besser wird. Deshalb bleibt unser Firmensitz hier. Mein persönlicher Anspruch ist es, in den nächsten Jahren positive Veränderungen in Hessen und Deutschland als Standort für Videospiele Unternehmen anzustoßen, hierzu zählt vor allem eine höher budgetierte Landesförderung als auch Bundesförderung für Videospiele und der enge Austausch mit dem Verband der deutschen Games-Branche dem game.de in dem wir Mitglied sind und dessen politische Arbeit bei diesen Themen seines gleichen sucht.


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